Die Sonderbeauftragte für den UN-Gipfel für Ernährungssysteme, Dr. Agnes Kalibata, hat es in ihrem Statement zur Weltklimakonferenz auf den Punkt gebracht: Es gibt keinen Weg zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels, ohne die Ernährung in den Mittelpunkt der Gespräche zu stellen. Die Überschneidungen zwischen Klima und Ernährung seien tiefgreifend – die Staatengemeinschaft müsse sich nun mit den Klimaemissionen der Landwirtschaft befassen, wenn sie es nicht tue, würden die weltweiten Ernährungssysteme und in letzter Konsequenz viele Menschen darunter leiden. Das Aufschieben des Themas könnten wir uns nicht mehr leisten, so die Agrarwissenschaftlerin.
Trotz des Wissens um die Dringlichkeit der Klimakrise und der Apelle aus allen Richtungen, wurde die Landwirtschaft bei der Weltklimakonferenz (COP26) nur am Rande erwähnt. Zwar haben sich mehr als 80 Staaten in Glasgow der Initiative „Global Methan Pledge“ der USA und EU angeschlossen, um den Ausstoß des Treibhausgases Methan bis 2030 um 30 Prozent zu verringern – doch diese Initiative bezieht sich mehrheitlich auf die Erdgasindustrie, im Bereich der Landwirtschaft wird weiterhin auf Freiwilligkeit gesetzt. Dabei gäbe es bereits jetzt Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden können. Gülleverarbeitung, optimierte Fütterung, Extensivierung lauten die Stichworte.
Neuer UN-Bericht stellt weltweiter Agrarpolitik ein schlechtes Zeugnis aus
Dass diese Maßnahmen nicht ergriffen werden, liege unter anderem an einer weltweit katastrophalen Agrarpolitik – so das Ergebnis einer Untersuchung von mehreren UN-Organisationen und zahlreichen Wissenschaftler*innen. Der Report mit dem Titel „A MULTI-BILLION-DOLLAR OPPORTUNITY. Repurposing agricultural support to transform food systems“ stellt der Landwirtschaftspolitik ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Schuld daran seien vor allem falsche Anreize und Ziele bei den Agrarsubventionen. Diese würden weltweit immer weiter steigen – mit negativen Auswirkungen.
Jährlich werden laut Bericht 540 Milliarden US-Dollar an direkten und indirekten Agrarsubventionen ausgeschüttet. 87 Prozent dieser Fördergelder, also 470 Milliarden Dollar, hätten jedoch negative Folgen für die Bevölkerung oder die Umwelt. So würden Agrarsubventionen beispielweise oft dazu führen, dass ökologisch nachteilige Monokulturen in der Landwirtschaft auf immer mehr Flächen angebaut werden. Die Folge: Laut dem Weltklimarat (IPCC) verursacht die landwirtschaftliche Produktion etwa 25 Prozent der menschengemachten Treibhausgase. Unter anderem, weil die Agrarpolitik in vielen Ländern ausgerechnet die Bereiche fördert, die besonders viele Klimagase erzeugen – allen voran Fleisch, Milch oder Reis. Außerdem führen die Monokulturen zu einem Rückgang der Artenvielfalt und einer Verödung der Landschaft.
Richtig Rechnen: Wer nachhaltiger wirtschaftet, muss mehr Agrarsubventionen erhalten
Gleichzeitig kritisiert der Report die sogenannten „externen Kosten“ der Landwirtschaft, zum Beispiel wenn ein hoher Dünger- oder Pestizideinsatz zu verschmutzten Gewässern führt. Diese Kosten müssen häufig von der Allgemeinheit getragen werden.
Wir kritisieren diese Politik und sagen: Lasst uns endlich Richtig Rechnen! Die Staatengemeinschaft sollte dringend alles daransetzen, ihre Agrarpolitik zu verbessern und Steuergelder für effektiven Klimaschutz und mehr Natur einsetzen, um somit langfristig die Ernährung der Menschheit durch eine zukunftsfähige Landwirtschaft sowie kleinbäuerliche Existenzen zu sichern.
Die gute Nachricht lautet: Agrarsubventionen sind dafür ein geeignetes Mittel. Mit der Regionalwert-Leistungsrechnung haben wir für eine alternative Verteilung der Agrarsubventionen das passende Instrument entwickelt. Hier erhalten Sie mehr Informationen dazu.
Den Bericht der UN können Sie hier herunterladen: https://www.fao.org/documents/card/en/c/cb6562en